WIE SCHAUT MAN HEUTE EIGENTLICH DEM TOD INS GESICHT?

Liebe Leser, Zuschauer und Fans unseres Allround-TV-Kanals! Mein erstes Willkommen bei unserer Redaktions-Kolumne „Der Allround-Blick“ beschäftigt sich eigentlich mit Abschiednehmen von den Verstorbenen. Nicht von ungefähr – feiern wir doch in diesen Tagen Allerheiligen und Allerseelen, wo wir nicht nur unserer Heiligen, sondern eben auch der Toten und deren Seelen gedenken. Ein wichtiger Teil unseres Jahreskreiskalenders mit seinen kirchlichen Festen, der uns auch an die eigene Endlichkeit erinnert.

 

Damit verbunden ist traditionell der Gräbergang am 1. November. Wie auch immer der unter Corona-Bedingungen heuer aussehen wird. Vielleicht ein Live-Streaming von den Friedhöfen, wie wir es schon mit virtuellen Gottesdiensten gesehen haben? Überraschen würde sicher nichts mehr. Wie dem auch sei. Auch bei denen, die nicht ganz so fest im Glauben sind, kommt nun eine Zeit des Nachdenkens – zieht doch auch die Natur ihre Decke über, weil es dunkler und finstrer wird; sie legt sich langsam zur Ruhe. Nicht umsonst haben bereits unsere keltischen Altvorderen mit „Samhain“ in der Zeit den Übergang in die kalte Jahreszeit gefeiert. Heute eher bekannt als „Halloween“ in der Nacht zum 1. November. Dass dieses fest übrigens mehr zu bieten hat als US-amerikanischen Klamauk, gesponsert von der Süßigkeitenindustrie, das wird uns in dieser Woche die Ritual- und Jahreskreisforscherin Renate Fuchs-Haberl erzählen.

 

Zur Ruhe betten! Es ist eine Zeit, in der sich viele Menschen Gedanken machen, auch über die eigene Bestattung. Vorsorge zu betreiben, 20 oder 30 Jahre vor dem Ableben, hat Konjunktur. Viele Bestatter bekommen gerade jetzt wieder viel zu tun. Was im Trend liegt? Feuer und Flamme! War vor einigen Jahrzehnten das Verhältnis von Erd- zu Feuerbestattungen 70 zu 30 Prozent, so ist es heute genau umgekehrt. Man möchte fast sagen: die normale Sargbestattung im Familiengrab, die hat ausgedient. Warum auch nicht – denken sich heutzutage immer mehr Menschen. Schließlich ist eine Urnenwand auf dem Friedhof viel weniger aufwändig. Die Kinder werden entlastet. Nicht nur das: Die Möglichkeiten bei Feuerbestattungen erlauben viele neue Wege im Abschied: Auf See, unter Bäumen, im Park, auf einer Almwiese. Immer mehr Friedhöfe bieten so etwas an. Auch in Altötting gibt seit einigen Jahren einen Parkfriedhof. Aufgehen in der Natur. Spaziergänger mit Hunden, die an ihnen quasi vorbeispazieren. Wäre das etwas für Sie?

 

Genauso wie das Leben wird auch das Sterben immer individueller. Erinnern Sie sich noch an Bestattungsfeiern mit dem aufgebahrten Leichnam? Finden Sie das makaber? Für unsere Eltern und Großeltern war es das sicher nicht. Das Begräbnis war eine Angelegenheit der ganzen Gemeinde. Öffentlich zu Grabe getragen werden heute aber oft nicht mal mehr die Promis. Intim und im kleinen Kreis – so wünschen sich viele den eigenen Abschied von dieser Welt. Nicht erst seit Corona. Feuerarrangements, Luftballons, die gen Himmel geschickt werden, Highway to Hell statt Ave Maria? Nicht mehr selten heutzutage.

„Es geht um Dinge, die mit dem Verstorbenen identifizierbar sind“, erklärt Marco Keßler vom Karl Liegl Bestattungsinstitut in Altötting. „Die Menschen legen Wert auf den persönlichen Effekt in der Ansprache“, so der Trauerbegleiter und Bestattungsredner. Wir werden ihn übrigens im Lauf der Woche in einem TV-Beitrag zu sehen bekommen. Dem gegenüber – scheinbar im krassen Gegensatz – steht der Trend zur Online-Bestattung. Die Grabfeier per Mausklick quasi. Etwas, das die aktuelle Pandemie ebenfalls beschleunigt. Was immer man davon halten mag. Was sagen die Bestatter dazu? Dekorationen oder Angebote auf ein Online-Portal stellen, Trauermusik online auswählen – warum nicht! Aber nicht alles funktioniert per Mausklick; Angehörige könnten die Entscheidung für einen reinen „Online-Bestatter“ durchaus bereuen. Geht es nicht endlich um langhergebrachte Rituale, die UNS den Abschied erleichtern sollen?

 

 

Allerseelen – Allerheiligen. Was sagen uns die Rituale heute noch? Zu diesem Thema möchte ich Sie ganz herzlich zu unserem ersten Stammtisch mit Altbürgermeister Herbert Hofauer, Landrat Erwin Schneider und – last but not least – Stadtpfarrer Dr. Klaus Metzl einladen. Gesendet wird am Sonntag, Allerheiligen. Nicht verpassen!

 

Ihre Nicole Petzi

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